300 Millionen Menschen begrüßen das neue Jahr nicht am 1. Januar – sondern am 21. März. Statt Silvester feiern sie Norouz – ein 13-tägiges Fest mit 2500 Jahre alter Tradition, allerlei Bräuchen und köstlichen Süßigkeiten. Vor allem in Iran, Afghanistan, Tadschikistan, Aserbaidschan, Kurdistan und in manchen Regionen von China und dem Irak beginnt ein neues Jahr mit dem Norouz-Fest auf ganz besondere Weise. Mit etwas Glück können Sie die Festlichkeiten auch in Europa oder den USA miterleben – denn viele iranische Immigranten feiern Norouz in ihrer neuen Heimat.
Vorbereitungen für ein spektakuläres Fest
Schon 15 Tage vor Norouz starten die Vorbereitungen. Eine wichtige Rolle spielen hier vor allem vier Dinge: der Frühjahrsputz, das Pflanzen der Sabze, ein ausgiebiges Bad und der Haft Sin-Tisch.
Bei dem Frühjahrsputz müssen alle beschädigten oder zerbrochenen Gegenstände entsorgt und die Teppiche an der frischen Luft ausgeklopft werden. Anschließend säen die Menschen Sabze: Weizenkeimlinge. Sie wachsen in einer flachen Schale oder auf einem Teller heran. Wofür die Weizenkeimlinge gebraucht werden - das erfahren Sie später.
Jetzt, wo das Haus geputzt ist, steht ein gründliches Bad an – denn die Feiernden wollen den Jahreswechsel sauber erleben. Früher wuschen sie sich sogar nach einer bestimmten Ordnung. Am nächsten Tag galt es als Brauch, in natürlichen Gewässern zu baden – um sich von Sünden und Seelenqualen zu befreien. Heute wird dieser Brauch nicht mehr praktiziert.
Das Fest beginnt – mit Feuer und Trockenfrüchten
Nach all den Vorbereitungen wird es Zeit, das Fest zu beginnen – und zwar am letzten Mittwoch des alten Jahres. In leeren Gassen oder Parks findet der Feuersprung statt: Menschen entzünden ein Feuer und überspringen es mit den Worten "Meine Blässe möge dir gehören. Deine Röte mir." – meint im übertragenen Sinne: "Meine Krankheiten bringe ich dir, deine Heilkraft nehme ich mir". Ziel des Feuersprungs ist es, Körper und Seele zu reinigen, sodass man ohne Altlasten ins neue Jahr tritt. Während der Festlichkeiten des Feuersprungs genießen die Feiernden traditionell sechs Trockenfrüchte und eine besondere Süßigkeit:
- Rosinen
- Datteln
- Getrocknete Feigen
- Getrocknete Maulbeeren
- Getrocknete Aprikosen
- Geröstete Kichererbsen
- Baslogh (eine Süßigkeit aus Zucker, Traubensirup und Walnüssen)
Haft Sin-Tisch: 7 Zutaten für ein neues Jahr
Kurz vor dem Jahreswechsel versammeln sich die Feiernden vor dem Haft Sin-Tisch. So individuell Menschen Norouz rund um den Globus gestalten – den Haft Sin-Tisch finden Sie bei dem persischen Neujahrsfest beinahe überall.
Haft Sin heißt übersetzt "Sieben S": Ein solcher Tisch besteht aus sieben Dingen, die mit S anfangen und symbolische Bedeutungen für das neue Jahr haben. Dazu gehören: Sekkeh (Münzen), Sumagh (Gewürzsumach), Sir (Knoblauch), Sib (Apfel), Sonbol (Hyazinthen), Serkeh (Essig) und Sabze (Weizenkeimlinge), Samanu (Weizenkeimbrei), Senjed (Mehlbeeren). Dekoriert wird der Haft Sin-Tisch häufig mit einem Spiegel, einem Goldfisch-Glas und einem Hafez-Buch – hierbei handelt es sich um Werke eines berühmten persischen Dichters.
Während Sabze Munterkeit und Lebendigkeit symbolisiert, steht Sir – genauso wie Sib – für Gesundheit und Schutz. Sumagh wiederum soll den Geschmack des Lebens einfangen, Sonbol die Freundschaft. Samanu bedeuten Segen und Wohltat, Serkeh ein langes Leben und Geduld. Sieben Zutaten für ein weiteres unvergessliches Jahr. Aber auch Spiegel, Goldfisch-Glas und Hafez’ Buch stehen aus gutem Grund auf dem Haft Sin-Tisch: Der Spiegel steht für Reinheit und Ehrlichkeit, die Goldfische für Glück und das Hafez-Buch für Weisheit.
Ist der Jahreswechsel vorüber, fällt sich die Familie in die Arme und wünscht sich alles Gute. Am nächsten Tag beginnen die Besuche bei der Verwandtschaft. Kinder und bedürftige Menschen werden mit Geld und Süßigkeiten beschenkt. Um ihre Liebsten zu sehen, verreisen immer mehr Feiernde. Viele Teheraner fahren zum persischen Golf, um hier das wärmere Wetter zu genießen. Der Straßenverkehr nimmt zu und vielerorts entsteht Stau – ein heutzutage typisches Bild während des Norouz-Fests.
Diese Süßigkeiten gehören zu Norouz
Das gesamte Fest begleiten vor allem zwei Dinge: Besuche bei der Familie. Und Süßigkeiten. Dazu gehören unter anderem Sohan, Noghul und Gaz. Drei Speisen, die Ihnen jetzt vielleicht noch nichts sagen, die Sie aber unbedingt ausprobieren sollten:
Bei Noghul handelt es sich um Mandeln, umhüllt von einer Zuckerschicht. Bei der Herstellung werden Wasser und Rosenwasser aufgekocht und geröstete Mandeln mit dieser Mischung übergossen.
Gaz ist auch als persischer Nougat bekannt. Er besteht aus Zucker oder Honig, geschlagenem Eischnee, Pistazien, Mandeln, Rosenwasser und dem Saft der Tamariskenpflanzen. Man kann es in kleinen Scheiben getrocknet kaufen, die traditionell in einer mit Mehl gefüllten Schachtel verpackt werden oder als einzeln verpackte Konfektstückchen. .
Wer Sohan isst, meint damit spezielle Toffees aus Mehl, Weizenkeimen, Rosenwasser, Kardamom, Mandeln, Pistazien und Safran.
Wie das Fest nach 13 Tagen endet
13 Tage dauert das Norouz-Fest. Der letzte Tag des Festes gilt als sein Höhepunkt. Weil die Zahl 13 Unglück bringen soll, dürfe man nicht zu Hause bleiben. Stattdessen genießen viele Familien im Freien ein Picknick mit gutem Essen und Spielen. Die Menschen tanzen und musizieren. Um den Frühling zu begrüßen, werfen sie die Sabze – welche vor dem Norouz gepflanzt wurde – in einen Fluss oder das Meer. Und auch die Goldfische aus dem Goldfisch-Glas werden in die Freiheit entlassen. So soll alles Übel, welches der 13. Tag mit sich bringen kann, dort verschwinden, wo es kein Unheil anrichtet.